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Im
Lazarett, den 16.4.44
Meine
liebe Inge!
Ich
muß mich doch sehr wundern! Kaum hast Du das Zimmer verlassen, da
erblickten meine trüben Augen die zwei Bücher, die Du mitnehmen
solltest. Ja, so sind die Frauen!! Dann erblickte ich noch etwas anderes
und zwar die Widmung in dem Buch von Spoerl. Das geht ja nun zu weit! Ich
dachte, Du hättest mir das Buch leihweise gebracht. Nicht einmal bedankt
habe ich mich dafür. Nun muß ich das jetzt nachholen und sage
Dir besten Dank dafür. Bring mir aber Bücher bitte nur noch leihweise.
Gefreut habe ich mich natürlich sehr darüber.
Jetzt
weiß ich auch, wie das Buch von Spoerl heißt, von dem ich Dir
schon erzählt hatte. Ich meine die Sache mit dem Denkmal und dem Amtsgerichtsrat,
der nachher einen Prozeß gegen sich selbst führen mußte.
Das Buch heißt "Der Maulkorb". Du wirst Dich jetzt daran erinnern.
Ja,
Inge, nun sitze ich wieder einsam und verlassen am Tisch und denke über
die Schlechtigkeit der Welt nach. Doch, halt, ich will nicht lügen.
Augenblicklich konzentriere ich mich auf den Brief. Wenn ich aber fertig
bin, dann fange ich sofort an zu denken.
Nun
bekommst Du also von mir doch zuerst einem Brief, und ich glaube kaum,
daß Du damit gerechnet hast. Sicherlich wirst Du Dich aber darüber
freuen. Eigentlich ist es ist ja toll, was? Da bist Du nun gerade eine
Stunde aus dem Zimmer, und schon kann das der dumme Junge nicht mehr aushalten
und muß das Papier mit seinem Geschreibsel verunzieren. Aber, laß
man, Papier ist ja geduldig. Wenn Du nun auch so wirst und du alles was
ich hier auf dem Papier verbreite in Ruhe anhörst, dann ist ja alles
in Ordnung.
Also,
kleine Frau, es war wunderschön heute! Ich weiß gar nicht, wo
die Stunden eigentlich geblieben sind. Es schien so schnell, trotzdem Du
noch eine halbe Stunde länger hier warst. Ging es Dir auch so? Wie
schön muß das doch mal werden, wenn der Krieg mal vorbei ist,
oder noch später die Zeit kommt, wo wir dann für immer beisammen
sein können!? Das ist aber schon wieder Zukunftsmusik, und ich sagte
doch heute gerade, daß wir uns mit der Gegenwart erstmal zufriedengeben
wollten.
Nun,
liebe Inge, muß sich ja doch wohl mal Schluß machen mit Rücksicht
auf die Antwort, die Du noch schreiben mußt.
Sei
nun recht herzlich gegrüßt und noch viel herzlicher geküßt
von
Deinem
Leo
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