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M.Weißkirchen,
d.25.6.44
Liebe
Inge!
Heute
bekam ich Deinen Brief vom 23. . Es ist nun mal wieder Sonntag. Ich hatte
mir ein etwas anderes Programm zurechtgelegt für diesen Tag. Um 8°°,
als ich im schönsten Schlaf war, wurde ich geweckt und mußte
mich zur Stadtstreife fertigmachen. Diese dauerte bis 12°°. Eigentlich
hatte ich heute dienstfrei, da ich am letzten Sonntag erst Dienst hatte.
Gestern abend habe ich auch bis um 7°° mit den Arrestanten Getreide
abgeladen und bin dann gerade noch so in's Kino gekommen. "Liebespremiere"
hieß der Film. Er war so einigermaßen annehmbar. Am Nachmittag
wollte ich mit einem Kameraden in's Bad gehen. Der war aber nicht mehr
in der Kaserne, als ich ihn aufsuchen wollte, und da ich ihn im Bad nicht
fand, bin ich wieder weggegangen. Ich habe dann den Stadtbahnhof gesucht,
von dem ich morgen nach Olmütz abfahre.
So,
nun sitze ich hier und schreibe den Brief an Dich. Du hast Recht, wenn
du zuletzt noch schreibst, daß ich über den ersten Teil nicht
böse sein soll. Es ist gut, daß Du das noch geschrieben hast
und ich will Dir ganz offen gestehen, daß ich heute nicht in besonderer
Stimmung bin. Nimm Dir das aber bitte nicht zu Herzen. Du kennst das ja
von mir, und es geht auch vorüber.
Ich
möchte erstmal klarstellen, daß Du den Satz "Wenn es sein müßte"
vollkommen falsch verstanden hast. So habe ich das nun wirklich
nicht gemeint! Dieser Gedanke lag mir gänzlich fern. Und Dein "Das
kommt bestimmt nicht in Frage" war nicht gerade schön, und dieser
dahingeworfene Satz ist es auch, der mir heute die Stimmung verdorben hat,
trotzdem draußen das herrlichste Wetter ist.
Daß
ich Dich mit dem Brief traurig gemacht habe, tut mir sehr leid. Ich habe
es nicht gern, wenn Du traurig bist und möchte viel lieber, daß
du immer fröhlich und guter Laune bist. Wenn ich schreib "Wenn es
sein müßte", so meinte ich damit, daß die dem Verstande
und nicht dem Herzen entsprungenen Gründe, die ich in dem Brief anführte,
mich natürlich nicht hindern würden, wenn irgendein besonderer
Umstand eintreten würde oder wenn Du es wünschst, daß
ich Dich heirate - denn Du weißt ja, ich richte mich auch nach Dir
- vor Deine Mutter hinzutreten und ihr zu sagen, daß ich Dich heiraten
möchte. Dazu hätte ich dann doch nicht den Mut! Nun hoffe
ich, daß Du mich verstanden hast; und nun ist mir auch leichter.
Ich glaube, allzu lange werden wir mit dem Heiraten nicht mehr warten dürfen,
denn dieser wunde Punkt - Du wirst mich verstehen - hat uns und wird uns
vielleicht auch noch öfter Konflikte bereiten. Wenn man sich so liebt
wie wir beide, dann möchte man sich doch auch ganz besitzen, denn
wir sind ja keine Kinder mehr, sondern reife Menschen, nicht wahr, "kleine"
Inge ?! -
Daß
die Bilder gut geworden sind, freut mich. Ich bin gespannt darauf. Ja,
das waren noch Zeiten! Wann werden wir wohl mal wieder so eine Zeit verleben?
Nun
bin ich ja neugierig, wie das mit dem Arbeitsurlaub wird. Ich glaube ja
auch nicht, daß das klappt.
Mit
dem Hauptfeldwebel werde ich nun nochmal sprechen wegen der Einreise. Dann
werde ich ihm gleich sagen, daß er mich im August nach dem Atternsee
schickt. Anfang August fahren wahrscheinlich wieder welche. Es wird schon
klappen! Daß ich die Einreise für Dich hinbekomme, glaube ich
aber nicht.
Die
Bücher sind gestern auch eingetroffen, nun kann es losgehen. Hättest
Du mir nur Dein Naturkundebuch geschickt. In meinem ist der Anhang für
Pflanzenbestimmung nicht drin. Das konntest Du aber nicht wissen. Es tut
mir immer um jede Stunde leid, in der ich hier nicht zum Lesen komme. Ich
muß die Zeit einigermaßen ausnutzen, solange ich es noch kann.
Nimm
es mir bitte nicht übel, wenn meine Meinung über Deine Mutter
falsch war. Es war bestimmt nicht bös gemeint, und ich freue mich,
daß es nicht so ist, wie ich dachte.
Nun
will ich noch einen Geburtstagsbrief an Hedi schreiben, der zwar etwas
zu spät kommt, aber trotzdem kommt.
Nun,
kleines
Mädchen, sei auch Du nicht böse über den ersten Teil des
Briefes.
Es
grüßt und küßt Dich
Dein
Leo
Gruß
an meine Eltern u. Lilo.
Morgen
schreibe ich ihnen. |
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